Wie gross sind die Treibhausgas-Emissionen von Verkehrsmitteln wie Auto, Zug oder Flugzeug und wieviel Energie verbrauchen diese von der Herstellung, über die Nutzung bis hin zur Entsorgung? Der neue Umweltrechner Verkehr von EnergieSchweiz, dem Programm des Bundesamts für Energie für Energieeffizienz gibt Auskunft. Was unterscheidet dieses Angebot von anderen Umweltrechnern? Und für wen ist er gedacht?
Mit der Seilbahn auf den Berg, mit dem Flugzeug in die Ferien oder mit dem Velo zur Arbeit. Der Umweltrechner berechnet die Emissionen von allen möglichen Verkehrsmitteln. Informationen erhält man auch zu den Emissionen, wenn man acht Stunden am Tag im Homeoffice arbeitet oder zum Beispiel an einer Videokonferenz teilnimmt. Das Tool ist interaktiv. Das heisst: Man gibt die nötigen Parameter ein, also zum Beispiel die Strecke an, die man zurücklegt, die Dauer der Videokonferenz oder die Anzahl Personen, die im Auto fahren.
Eine Anleitung zeigt, was User und Userinnen bei der Nutzung des Rechners beachten sollen und wie sie die Ergebnisse lesen müssen. Das neue Tool ersetzt den Vergleichsrechner von Mobitool, der Plattform für Mobilitätsmanagement. Marc Cavigelli ist Fachspezialist Mobilität im Bundesamt für Energie. Er erklärt energeiaplus die Besonderheiten des Tools.
Energeiaplus: Kann der neue Umweltrechner mehr als der bisherige Vergleichsrechner von Mobitool?
Marc Cavigelli: Der Vergleichsrechner von Mobitool war technisch veraltet und liess sich nicht mehr vernünftig aktualisieren. Zudem konnten nur jeweils zwei Verkehrsträger miteinander verglichen werden. Der neue Vergleichsrechner ist einfacher zu bedienen. Mit den voreingestellten Parametern sind erste Aussagen sehr schnell möglich. Die Angaben wie Anzahl Passagiere oder Auslastung des Verkehrsmittels, Treibstoffverbrauch, Lebensdauer des Fahrzeuges usw. können individuell angepasst werden. So sind differenzierte Vergleiche möglich. Damit wird das Tool auch für Expertinnen und Experten interessant.
Der neue Umweltrechner Verkehr verfügt zudem über eine offene Schnittstelle für Drittanwendungen. Routenplaner und andere Mobilitätsanwendungen können so neben Route und Reisezeit auch Informationen zur ökologischen Belastung darstellen und so zur Sensibilisierung der Nutzerinnen und Nutzer beitragen.
Gebe ich auf Google das Wort Umweltrechner ein, erscheinen verschiedene Angebote: Die SBB bietet einen Umweltrechner an, die Organisation Swiss Climate hat einen Footprint-Rechner. Wie unterscheidet sich der neue Umweltrechner Verkehr von EnergieSchweiz davon?
Jeder dieser drei Rechner hat einen anderen Verwendungszweck. Während sich das SBB-Tool auf den Vergleich des ÖV mit dem Auto beschränkt, können beim neuen Umweltrechner Verkehr mehr als 200 Verkehrsträger verglichen werden. So kann man bewusst ein klimafreundlicheres Verkehrsmittel für eine bestimmte Fahrt wählen. Auch kann er als Entscheidhilfe beim Kauf eines Verkehrsmittels beigezogen werden. Ausserdem ist es möglich, eine CO2-Bilanz für die Verkehrsmittel eines Unternehmens zu erstellen. Übrigens nutzen beide Rechner die gleichen Ökobilanzdaten.
Der Footprint-Rechner hingegen betrachtet neben der Mobilität auch die Emissionen, die durch Wohnen, Ernährung und Konsum entstehen. Er bietet jedoch nur grobe Schätzungen und ermöglicht keinen Vergleich einzelner Verkehrsmittel. Das Hauptziel dieses Rechners ist es, die CO2-Emissionen grob abzuschätzen und die Nutzer und Nutzerinnen zu ermutigen, ihre Emissionen durch Klimaschutzprojekte zu kompensieren.
Mehr als 200 Verkehrsmittel kann der Umweltrechner also vergleichen. Das müssen Sie erklären. Als Laie kommen einem nie so viele in den Sinn.
Das Tool enthält 30 verschiedene Verkehrsarten. Diese umfassen den öffentlichen Verkehr, den Individualverkehr und den Güterverkehr. Die einzelnen Verkehrsträger unterscheiden sich durch eine Vielzahl von verfügbaren Optionen. So gibt es beispielsweise PKW mit verschiedenen Antriebsarten (Benzin, Diesel, Hybrid, Elektro und Gas) und Fahrzeuggrössen vom Microcar bis zum grossen SUV. Im Güterverkehr spielt zudem das maximale Gewicht des LKW inklusive Ladung eine wichtige Rolle für die Kategorisierung. Jede dieser Kombinationen stellt einen eigenen Verkehrsträger dar und erfordert einen eigenen Datensatz für die Berechnung der Umweltauswirkungen.
Was gilt es bei der Nutzung des Tools besonders zu beachten?
Der Rechner ist nicht als Routenplaner konzipiert. Über die Schnittstelle (API) können die Umweltdaten aber mit einem Routenplaner verknüpft werden. Das Tool selbst kann es nicht. Soll also eine Reise mit verschiedenen Verkehrsträgern berechnet werden, kann das Tool nur die Teilstücke berechnen, die mit dem jeweiligen Verkehrsmittel zurückgelegt werden.
Mit dem Tool können neben den Treibhausgas-Emissionen auch andere Indikatoren verglichen werden. So können die gesamte Umweltbelastung oder auch Aspekte wie Feinstaub- und Stickoxidemissionen berechnet werden, teilweise mit überraschenden Ergebnissen.
Zum Beispiel kann man sehen, wie sich ein Kleinwagen von einem SUV unterscheidet, oder ein Elektro-LKW von einem normalen LKW. Auch der Vergleich zwischen einem Economy- und einem Business-Flug ist möglich. So kann man besser verstehen, wie sich die Wahl des Verkehrsmittels auf die Umwelt auswirkt.
Der Vergleich zwischen den Emissionen einer Flugreise und einer Velotour ist also nicht das Ziel. Welche zusätzlichen Informationen erhalte ich mit dem Umweltrechner?
Doch. Das Tool kann durchaus dazu benutzt werden, die bei einer Flugreise anfallenden Emissionen zu berechnen und sich bewusst für eine weniger schädliche Reise zu entscheiden. Es kann zum Beispiel die Frage beantworten, ob nun ein volles E-Auto oder der Zug besser für die Reise ins Tessin sind?
Der Umweltrechner zeigt die gesamten Emissionen über den ganzen Lebenszyklus eines Verkehrsmittels auf. Auf welchen Daten basieren die Angaben?
Es handelt sich um die Ökobilanzdaten des Bundes. Sie basieren auf eine Erhebung des Paul-Scherrer-Instituts und wurden im Auftrag des BAFU aktualisiert und erweitert. Wichtig zu erwähnen ist dabei: Es gibt immer wieder neue Erkenntnisse punkto Emissionen. Darum ist es wichtig, die Daten möglichst aktuell zu halten.
Das Tool zeigt auch die Emissionen von Homeoffice auf. Das ermöglicht einen Vergleich zwischen Homeoffice und den Emissionen, die beim Arbeitsweg entstehen.
Ja, dieser Vergleich ist möglich. Jedoch sind bei den Emissionen von Homeoffice und Videokonferenz Daten hinterlegt, die nicht mehr ganz aktuell sind. Das Ergebnis ist daher mit Vorsicht zu geniessen, aber es kann durchaus als Anhaltspunkt dienen.
Für wen ist dieses Tool gedacht? Die kompletten Daten der ausgewählten Verkehrsmittel können als csv-Datei exportiert werden.
Die CSV-Dateien werden angeboten, damit aus den Rohdaten eigene Darstellungen gemacht werden können. Dies kann insbesondere sinnvoll sein, wenn man für einen Geschäftsbericht oder einen Medienbericht Graphiken aus den Daten generieren will.
Das Tool eignet sich aber grundsätzlich für alle interessierten Personen, da es dank den Grundeinstellungen einfach zu bedienen ist und kein grosses Vorwissen voraussetzt. Mit der Möglichkeit, individuelle Einstellungen zu verändern, ist es aber auch für Experten und Expertinnen wie Flottenmanager, Mobilitäts- und Nachhaltigkeitsverantwortliche nützlich.
Interview: Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie
Bild: BFE – EnergieSchweiz
Quelle: Neuer Umweltrechner: Welches Verkehrsmittel belastet die Umwelt wie stark? | BFE-Magazin energeiaplus | Energiemagazin des Bundesamtes für Energie